Xxii. §. 4. Begründung der habsburgischen Macht in Deutschland. 43!)
schönere Reiche im Osten und Westen dazu. Jedoch geschah das
Wachsthum der habsburgischen Macht nicht so schnell und nicht in
ununterbrochener Dauer. Schon Rudolf mußte den Schmerz erle-
den, daß die Fürsten sich weigerten, seinen Sohn Albrecht zu sei-
nem Nachfolger zu erwählen. Als dann nach der kurzen und kläg-
lichen Zwischenregierung Adolf's von Nassau (1291—98) Albrecht
dennoch den Thron gewann, waren zwar alle seine Bestrebungen
darauf gerichtet, seine Hausmacht zu erweitern und sie auch in anderen
Gegenden Deutschlands zu begründen, aber ohne Erfolg. Auch die
schönen Länder Böhmen und Mähren, welche er schon in seiner Hand
zu haben meinte, mußte er in den Besitz eines andern Fürstenhauses
(Luxemburg) übergehen sehen, und erst über ein Jahrhundert später
durfte das habsburgische, durch manche schwere Führungen inzwischen
vielfach geläuterte Fürstenhaus diese Gebiete als sein Eigenthum er-
werben. Albrecht selbst erlebte noch eine empfindliche Minderung
seiner schweizerischen Hausmacht, welche in ihrer weitern Entwicklung
schon die spätere Trennung der schweizerischen Eidgenossenschaft von
Deutschland anzukündigen schien.
Was jetzt Schweiz genannt wird, wurde vor Alters theils zu
Burgund, theils zu Alemannien oder Schwaben gerechnet. Von
Schwaben, dem hohenstaufischen Herzogthum, war seit 1097 das soge-
nannte Oberalemannien abgelöst und kam an die Herzoge von Zäh-
rin gen, welche die ganze südwestliche Ecke des jetzigen Deutschland
sammt der Schweiz beherrschten. Das Haus der Zähringer starb aber
1218 aus, ohne daß wieder neue Herzoge eingesetzt wurden. Die bis-
herigen Lehensleute der Herzoge, eine Anzahl Grafen, einige Bischöfe,
Aebte und freie Städte wurden nun selbständig und erkannten nur
noch den Kaiser als ihren Oberherrn an. Die Habsburger, als erb-
liche Landgrafen des Aargau, waren zugleich Inhaber der Landvogteien
in Uri, Schwyz, Unterwalden und einigen anderen Herrschaften ant Vier-
waldstättersee. Die Bewohner dieser Gegend, welche bis auf wenige
edle Geschlechter aus unfreien Männern bestanden, versuchten es nach
König Rudolf's Tode sich von der habsburgischen Landgrafschast los-
zureißen und als freie Landgemeinden sich freie Landgerichte unter ihren
Landammännern anfzurichten, und traten deshalb zu einer Eidgenossen-
schaft zusammen. Das gelang ihnen freilich während Albrecht's Re-
gierung keineswegs nach Wunsch, aber unter der Regierung des nach-
folgenden Königs Heinrich Vii. wurden ihre Forderungen ihnen doch
größtentheils gewährt, und sie haben sie hernach gegen die erneuten
Ansprüche der Habsburger mit Glück vertheidigt. Die allbekannte Ge-
schichte von Tell's Apfelschuß und dem Landvogt Geßler hat sich
freilich bei genauerer Forschung als eine Dichtung erwiesen. Aber die
von jenem ersten Versuch einer Losreißung herbeigeführte Bewegung
in der Schweiz hat gleichwohl eine bedeutende Nachwirkung gehabt.
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Heinrich_Vii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Nassau Deutschlands Luxemburg Deutschland Burgund Schwaben Deutschland Schwyz Unterwalden
Xxii. §. 6. Erstes Hervvrtreten Frankreichs als Feind und Dränger rc. 443
nackte Eigennutz, die selbstsüchtige Vereinzelung, kühle Berechnung, ver-
standesmäßige Abwägung des Maßes der zu gewährenden Freiheiten und
Wohlthaten — vergebens sehnt man sich nach einem warmen Hauch
der gegenseitigen Liebe und anhänglichen Vertrauens. Von Frank-
reich ist die neuere kalte, selbstsüchtige, herzlose Staatskunst ausgegan-
gen, und Philipp Iv. war ihr Vater. Er zuerst hatte ein Christen-
reich losgelöst aus dem großen Verbände der ganzen Christenheit, nur
dieses einigen Landes und seines Beherrschers Vortheil gesucht, unbe-
kümmert um das Wohl und Wehe der gesammten übrigen Welt oder
um die höheren sittlichen Güter der eignen Unterthanen. Mit schnel-
len Schritten begann Frankreich der traurigen Rolle zuzueilen, den
westlichen Staaten Europa's ein Führer zu werden zum Unglauben, zur
Politik der Selbstsucht, zur Sittenlosigkeit, zum Abfall von Allem, was
heilig und ehrwürdig ist. Es lagen zwar noch Zeiten schwerer Demü-
thigung für Frankreich selber dazwischen, aber Philipp Iv. hat das
Ziel klar genug für seine Nachfolger gewiesen, und sie haben seine Wei-
sungen später wohl begriffen und angenommen.
§. 6. Erstes Hervortreten Frankreichs als Feind und
Dränger Deutschlands.
Schon Philipp Iv. hatte die Gelegenheit benutzt, und während
die Deutschen wieder durch innere Zerwürfnisse behindert waren, das
Gebiet von Lyon, welches den Lehenrechten nach zum deutschen Reiche
gehörte, an sich gerissen und damit den Anfang gemacht aller jener
kleinlichen Veruntreuungen und Beraubungen, durch welche die deut-
schen Grenzen im Laufe der Jahrhunderte von den Ufern der Rhone
bis an die Ufer des obern Rheins zurückgeschoben wurden. Ebenso
machte er es in Flandern und Lothringen. Sodann hatte er den Papst
gedrängt, einem französischen Prinzen, seinem Bruder, nach Albrech t's
Tode die deutsche Königskrone zu verschaffen, und so sehr war da-
mals schon der päpstliche Hof in der Gewalt des Franzosenkönigs,
daß der Papst es gar nicht mehr wagte, die Forderung offen abzu-
schlagen. Nur durch unwürdige List wußte er, den Wünschen des
Königs zuwider, die Wahl auf den tapfern und unternehmenden
Heinrich Vii. aus dem Hause Luremburg zu lenken (1308—1313).
Nach dessen baldigem Tode trat in Deutschland anfangs durch eine
zwiespältige Kaiserwahl (neben Ludwig von Bayern wurde Fried-
rich von Oestreich erwählt), dann nach Fried rieh's Ueberwindung
und Rücktritt durch die Unbeständigkeit, Charakterlosigkeit und das
unweise Benehmen des Kaisers Ludwig eine Zeit ein, welche recht
dazu gemacht schien, um das ganze Elend des päpstlich-französischen
Uebermuths mit voller Wuth auf unser Vaterland fallen zu lassen.
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Iv Philipp Philipp_Iv Philipp Philipp_Iv Philipp Heinrich_Vii Heinrich Ludwig_von_Bayern Ludwig Oestreich Fried Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreich Frankreich Frankreichs Deutschlands Lyon Rheins Flandern Lothringen Albrech Franzosenkönigs Deutschland
Xxii. §. 6. Erstes Hervortreten Frankreichs als Feind und Dränger re. 415
Wir müssen hier noch besonders an zwei wichtige Erwerbungen
deutscher Fürstenhäuser erinnern, welche zwar nur für jene Uebergangs-
zeit gelten sollten und deshalb auch selber vorübergehend waren. Aber
sie bereiteten doch die künftigen bleibenden Zustände vor und dienen zu-
gleich zur Erklärung der Haltung und des Schicksals des Kaisers
Ludwig. Das war nämlich die Erwerbung der böhmischen und mäh-
rischen Lande durch das Haus Luremburg, und der Mark Branden-
burg durch das bayerische Hauö Wittelsbach. Auf Böhmen und
Mähren, sahen wir, hatten schon längere Zeit die östreichischen Habs-
burger gewartet, aber es war ihnen für jetzt noch nicht beschieden. Sie
sollten erst in den neu erworbenen östreichischen Landen tiefer unter
sich wurzeln und sich läutern, ehe ihrer Hand das Größere vertraut
würde. Dagegen konnte Kaiser Heinrich der Luxemburger gleich beim
Antritt seiner Regierung seinen Sohn Johann mit dem böhmischen
Reich belehnen, und so dem luremburgischen Geschlecht eine Hausmacht
in Deutschland gründen, welche es ein ganzes Jahrhundert hindurch
zu einem der mächtigsten und angesehensten Fürstengeschlechter erhob und
lange Zeit auch in Besitz der Kaiserkrone erhielt. Schon jener Jo-
hann, Heinrich's Vii. Sohn, würde ohne Zweifel seinem Vater in der
Kaiserwürde gefolgt sein, wenn er nicht noch unmündig gewesen wäre.
Aber Johann's Sohn, Heinrich's Enkel, war eben jener Carl Iv.,
aus den nach Ludwig's Tode die Kaiserkrone überging (1347) und
bei vessen Geschlechts sie blieb bis 1437. Ludwig der Bayer aber
hatte seine kaiserliche Gewalt nicht minder zur Erweiterung seiner Haus-
macht benutzt. Das ehrenwerthe ballenstädtische Haus, welches seit
Albrecht dem Bär die Markgrafschaft Brandenburg besessen und
tressiich verwaltet hatte, war 1320 ausgestorben, und jetzt hatte der
Kaiser seinen gleichnamigen Sohn Ludwig mit jenen großen und
blühenden Gebieten belehnt — nicht zum Segen der Markgrafschaft.
Während Ludwig's und der späteren bayerischen Markgrafen Verwal-
tung (1324—73) sank das bisher so wohl gepsiegte und fröhlich sich
entwickelnde Land durch die Feindschaft mächtiger Gegner, durch innere
Zwistigkeiten, durch Nachlässigkeit und Untüchtigkeit der Fürsten in eine
traurige Zerrüttung, die später schwer zu heilen war. Wie hätte es
auch anders sein können, da sogar das Oberhaupt der Christenheit,
Papst Johann Xxii., die rohen polnischen Slavenhorden, ja die
heidnischen Lithauer in's Land rief und sie zu allen Verwüstungen,
Greueln und Freveln ermuthigte, nur um dem verhaßten Kaiser Ludwig
und dessen Sohn dem Markgrafen, desto empfindlicher« Schaden zu
thun. Der Kaiser freilich säumte seinerseits auch nicht, dem Papst mit
gleichem Maße zu messen. Aber seine Unternehmungen waren viel zu
gewagt und unbedacht, als daß sie ihren Zweck hätten erreichen kön-
nen. Sie wandten sich vielmehr wider ihn selber zurück. Ungewarnt
durch das Beispiel Heinrich's Vii., der sich der italienischen Kaiser-
herrlichkeit wieder einmal hatte gelüsten lassen und dadurch seinen
frühen Tod herbeigeführt, ging auch Ludwig nach Italien, um den
Papst im Mittelpunkte seiner Macht anzugreifen. Aber nachdem er
sich dort von etlichen gebannten Bischöfen die Kaiserkrone hatte aufsetzen,
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Heinrich_der_Luxemburger Heinrich Johann Carl_Iv. Ludwig_der_Bayer Ludwig Albrecht Ludwig Ludwig Johann_Xxii Johann Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
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452 Xxü. §. 9. Gleichzeitige Schwächung Frankreichs und des Papstthums.
hat freilich sein roher und träger Sohn Wenzel wieder umgestürzt
oder verfallen lassen. Doch blieb Böhmen noch immer eines der
am meisten vorgeschrittenen deutschen Länder. Schwerer mußten es die
Marken empfinden, daß die feste und weise Hand Kaiser Karl's
nicht ntehr die Regierung führte. Sie kamen in die Hände Sieg-
ln und's, der aber viel zu sehr mit der Erwerbung der ungarischen Krone
beschäftigt war (er hatte die Erbtochter von Ungarn geheirathet) und seine
deutschen Länder schmählich aussaugen und verkommen ließ. Aber dieser
jammervolle Zustand sollte für die Mark Brandenburg nur Einleitung
und Uebergang sein für eine desto schönere und bedeutungsvolle Zu-
kunft, die mit dem Eintritt des glorreichen und gesegneten hohenzoller-
schen Hauses begann. Unfähig, die Marken selber zu verwalten, in be-
ständiger Geldverlegenheit und dem Burggrafen Friedrich mannig-
fach verpflichtet, übergab Siegmund dem Hohenzoller Friedrich,
Burggraf von Nürnberg, die Mark Brandenburg, erst nur pfandweise,
dann 1415 als eignes Kurfürstenthum, ihm und seinen Erben mit allen
Rechten eines deutschen Reichsfürsten und Erzkämmerers. Damals
ahnte Siegmund schwerlich, wie schnell sein eigner Stamm ver-
löschen und wie hehr und gewaltig der königliche Baum erwachsen
werde, dessen erstes Reis er damals in den brandenburgifchen Boden
senkte.
§. 9. Gleichzeitige Schwächung Frankreichs und des
Pap st th ums.
Schwerlich würde Deutschland den großen Umschwung seiner
Verfassung, da es aus einem Lebenstaat zu einer Fürsten- und Stüdte-
republik sich umgestaltete, so ungestört haben vollziehen können, wären
nicht seine beiden alten Widersacher, Frankreich und die Päpste, voll-
ständig nach einer andern Seite in Anspruch genommen und selbst
in einem bedenklichen Rückgang ihrer Macht begriffen gewesen. Frank-
reich war in einen schweren Krieg mit England verwickelt; denn
der König Eduard Iii. behauptete nach dem Aussterben der
Hauptlinie der Capetinger (1328), ein näheres ^Anrecht auf
den französischen Thron zu haben als die Seitenlinie der Valois, und
da nun König Philipp Vi. von Valois die englischen Besi-
tzungen in Frankreich angriff (fast das ganze südwestliche Frank-
reich gehörte damals dem englischen Könige), so entspann sich
ein blutiger und langwieriger Krieg, der hauptsächlich auf fran-
zösischem Boden ausgefochten wurde und das französische Reich
mehr als ein Mal an den Rand des Verderbens brachte. In
der furchtbaren Schlacht von Cressy 1346 sollen elf französische
Prinzen und 1200 Ritter umgekommen sein. In der Schlacht von
Poitierö 1356 wurde König Johann, der seinem Vater Philipp
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Ungarn Wien Oestreich Deutschlands Italien Spanien Niederlande Ungarn Deutschland Frank- Frankreich Burgund Burgund Luxemburg Flandern Amiens Holland Friesland Lothringen Lothringen
43g Xxii. §. 3. Deutschlands Wiedererhebung aus tiefster Verwirrung.
mächtigen Herrn und wirklichen Obern mehr über sich leiden woll-
ten, zwei Fremdlinge zu gleicher Zeit zu deutschen Königen erhoben
wurden, der gelehrte Alfons von Cast i lien und der reiche Ri-
chard von Cornwallis — da ging auch die letzte Spur einer
wirklichen Königsgrwalt in Deutschland verloren. Freilich regiert
haben diese fremden Fürsten, von denen der eine niemals, der
andere nur auf kurze Zeit den deutschen Boden betrat, genug und
übergenug in Deutschland. Besonders Richard bat genug Befehle
erlassen, Urkunden ausgestellt, Schenkungen gemacht, Rechte verliehen,
aber Alles auf Kosten des Reichs und zur Verminderung der könig-
lichen Macht- Alle königlichen Vorrechte kamen nach und nach in
die Hände untergeordneter Gewalten; die vornehmeren Fürsten wur-
den so gut wie selbständig, und die geringeren wollten nicht Zurück-
bleiben. Wie die Herzöge, Markgrafen, Landgrafen u. s. tt)., so wur-
den auch die Bischöfe und Aebte reichsunmittelbar, d. h. sie galten
selber als Herzöge und hatten die Grafenrechte in ihrem Gebiete,
ohne daß irgend ein Höherer über ihnen gestanden hätte, außer dem
König. Ja auch einzelne Genossenschaften, Vogteien und Städte er-
langten dieselben Rechte. Alle organische Gliederung des Lehenreiches
hörte auf, es blieb nur eine große Menge gleichberechtigter Fürsten
und Stände neben einander. Aber in dem Uebermaß des Nebels lag
auch die Noihwendigkeit und das Mittel der Heilung. So konnte
es, das fühlte Jeder, nicht länger fortgehen, die „kaiserlose schreckliche
Zeit" mußte ein Ende nehmen. Und wunderbar lenkte der Herr die
Herzen der Wähler, als sie 1273 in Frankfurt zusammentraten,
um den deutschen Landen ein neues Oberhaupt zu geben. Sie
wollten einen ja nicht allzu mächtigen Mann, der ihnen mit dem
vollen Nachdruck königlicher Machtfülle hätte entgegentreten können,
und erwählten — Rudolf von Habsburg. Gerade dieser Mann
aber war es, der nach Gottes wunderbarem Rathschluß nicht bloß
dazu bestimmt war, eine neue, bessere Zeit über Deutschland herbei-
zuführen, sondern auch jenes große und ruhmvolle Reich zu gründen,
welches deutsche Sitte und Bildung bis tief in den fernen Osten
verbreiten und Jahrhunderte hindurch die festeste Stütze unseres Va-
terlandes sein sollte.
An der biedern und frommen Heldengestalt Rud olf's von Habs-
burg erwärmt sich wieder unser deutsches Herz. Das war ein Fürst
von altem Schrot und Korn, ein Muster deutscher Redlichkeit und
Treue, nüchtern, ernst, besonnen, strenggerecht und doch so mild, freund-
lich und herablassend. Sein Andenken ist in unzähligen Liedern und
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Extrahierte Personennamen: Alfons_von_Cast Cornwallis Rudolf_von_Habsburg Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Deutschland Frankfurt Gottes Deutschland
Xxiv. §. 8. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, 1618. 845
bis 1590, der gewaltigste und thatkräftigste Papst, der seit langer Zeit
auf dem Stuhl zu Rom gesessen) verwendeten unaufhörlich ihre rei-
chen Gelvmittel zur Förderung der katholischen Interessen. Ihre Ge-
sandten, ihre Nuntien fliegen unermüdlich hin und her. Ueberall
. haben sie ihre Fäden eingeschlagen, überall sind sie um die Fürsten her
geschäftig. Da, wo sie die Fürsten aus ihrer Seite haben, predigen
sie dem Volk den unterthänigsten Gehorsam, wo aber der Fürst ein
Ketzer ist, da predigen ste Aufruhr und Mord. Erst am Schlüsse des
Jahrhunderts (1598) steigt der alte Monarch, dessen Seele ausschließend
in den großen Entwürfen der katholischen Eroberungen sich bewegte,
Philipp Ii., in's Grab. Ein Mann ohne Gefühl, ohne Verständniß,
ohne Sehnsucht für irgend ein Anderes, was das menschliche Gemüth er-
füllen könnte außer der Erhebung und Ehre der katholischen Kirche.
Um ihretwillen hat er sein Land zu Grunde gerichtet, Geld und Men-
schenblut fast mit wahnsinnigem Eifer vergeudet und die Waffen nicht
eher aus der Hand gelegt, als bis die äußerste Erschöpfung seiner
Staaten ihn nöthigte. Aber der blutigste Krieg entzündete sich erst
nach seinem Tode.
§. 8. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, 1618.
Indem sich in Deutschland Alles zu einem Kampf zwischen
den beiden Parteien, Katholiken und Protestanten, anließ, schienen in
den östreichischen Erblanden die schwer bedrängten Evangelischen noch
einmal ihr Haupt erheben zu können. Sie hatten dem Erzherzog Mat-
thias, Bruder des Kaiser Rudolf, geholfen, eben diesen Bruder
eines Theils seiner Länder zu berauben, ihm Ungarn, Oestreich und
Mähren abzugewinnen. Dafür hatte er ihnen die Freiheit ihrer Re-
ligion gewährleistet. Die Böhmen, welche drohten, Rudolf eben-
falls zu verlassen, empfingen von diesem dieselben Zugeständnisse durch
einen feierlichen Majeftätsbries. Desungeachtet brachen die Böhmen
dem alten Rudolf die Treue und wandten sich gleichfalls dem Mat-
thias zu. Matthias aber, der 1612 auch Kaiser geworden war,
bestellte bei seiner eignen Kinderlosigkeit seinen Vetter Ferdinand
zum Nachfolger in sämmtlichen Erblanden. Nun wußte man aber
hinlänglich, wie der unerbittliche Ferdinand es in seinem Steiermark,
Kärnthen und Kram mit den Protestanten gemacht hatte. Deshalb
trugen die Böhmen Bedenken, ihn als ihren künftigen Herrn anzuer-
kennen. Als er aber gar seine neue Stellung gleich dazu mißbrauchte,
um den böhmischen Majeftätsbries zu verletzen, da erhob sich (1618,
Mai) zu Prag eine Empörung gegen den kaiserlichen Statthalter.
Die Jesuiten wurden aus dem Lande gejagt, alle Protestanten in
Oestreich und im deutschen Reich zur Beihülfe aufgerufen, die kaiser-
v. Rohden, Leitfaden. 35
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Rudolf Rudolf Oestreich Rudolf_eben- Rudolf Rudolf Rudolf Matthias Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Oestreich
Xix. §. 16. Eintritt der Mähren, Böhmen !I. Polen in die christliche Kirche. Z57
getroffen, daß die römische Form und Sprache bei den Mähren nicht
in Vergessenheit gerieth, sondern allmälig wieder die Oberhand bekam
und die slavischen Gottesdienste beschränkte. Trotz aller Versuche
Svatopluk's, sich und sein Reich dem deutschen Einfluß wieder zu
entziehen, trotz aller seiner Kämpfe gegen Ludwig des Deutschen
Sohn und Enkel: Karl den Dicken (876—888) und Arnulf
887—899), sah er sich durch die römische Geistlichkeit wie mit un-
widerstehlichen Klammern an das christliche Nachbarland gefesselt,
und man sagt, daß der Mißmuth über die Erfolglosigkeit seines Stre-
bens ihn endlich bewogen habe, die Regierung niederzulegen und
seine letzten Tage als Einsiedler hinzubringen. Die furchtbaren Ma-
gyarenkriege, die nun begannen und mit der Zertrümmerung des mähri-
schen Reiches endeten, zerstörten zwar einen großen Theil der christ-
lichen Schöpfungen wieder. Doch erstarkte allmälig die Macht und
der christliche Sinn der Böhmen und es erweiterte sich das Gebiet
des Böhmerherzogs so sehr, daß das Erzbisthum Prag mit mehre-
ren untergeordneten Bisthümern seinen Bestand hinlänglich gesi-
chert sah.
Es dauerte übrigens noch geraume Zeit, bis ganz Böhmen (das
heißt nach dem Zerfall des mährischen Reichs die jetzigen Länder Böh-
men und Mähren) völlig für das Christenthum gewonnen war. Sehr
lange kämpfte auch hier noch eine heidnische Partei gegen die Allein-
herrschaft der christlichen Kirche. Der erste Böhmenherzog, der das
Christenthum am Hofe feines Oberherrn, des Svatopluk von Mäh-
ren, kennen gelernt und angenommen hatte, Borziwoi, wollte sogleich
das Heidenthum aus seinem Land und Volk ausgerottet wissen. Aber
die Heiden hatten noch die Uebermacht im Lande. Sie verjagten den
christlich gewordenen Fürsten, und nur nach schweren Kämpfen ver-
mochte er sich wieder in den Besitz seines Herzogthums zu setzen.
Dieselbe Unentschiedenheit dauerte noch unter Borziwoi's Sohn
Wratislav fort, und als dieser starb, 925, schien das Heidenthum
wieder den vollständigen Sieg gewinnen zu wollen. Denn seine Wittwe
Drahomira, die sich der Regierung bemächtigte, stellte sofort alle
heidnischen Tempel und Götzen wieder her, ermordete ihre fromme
Schwiegermutter Lud milla, die Wittwe Bor z i wo i's, und verfolgte
alle Christen, besonders die Geistlichkeit in ihrem Lande. Eben so
machte es ihr jüngerer Sohn Boleslav, der den ältern Bruder
Wenzeslav, einen eifrigen Christen, aber untüchtigen Regenten, 938
vom Throne stieß, ermordete und mit allem Eifer das Heidenthum wie-
der aufzurichten suchte. Aber die Hand des Herrn wußte ihn zu fin-
den. Schwere Unglücksfälle brachen über ihn herein. Im Kriege ge-
gen die Deutschen erlitt er eine Niederlage über die andere, in sein
eignes Haus war Noch und Elend gedrungen. Gegen sein Lebensende
beugte er sich, anfangs widerwillig, nachher in freier Ueberzeugung vor
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_des Ludwig Karl Karl Drahomira
438 Xxii. §. 4. Begründung der habsburgischen Macht in Deutschland.
§. 4. Begründung der habsburgischen Macht in
Deutschland.
Das hatte der verständige Rudolf bald erkannt, daß ein deut-
scher König, der nicht selbst große eigne Besitzungen hat, bei den
mächtigeren und begüterteren deutschen Fürsten nie zu einiger Geltung
gelangen werde. Deshalb mußte sein Verlangen darnach stehen, sich
eine Hausmacht in Deutschland zu verschaffen, denn seine schweizeri-
schen und schwäbischen Besitzungen genügten nicht, um ihm die nöthige
Machtstellung zu verleihen. Da leitete nun Gott die Sachen also,
daß der schweizerische Graf den Grund legen mußte zu dem gewaltigen
Oe streich, welches zur Vorhut Deutschlands in den Donauge-
genden Jahrhunderte lang den Ansturm der türkischen Horden von den
deutschen Ländern abwehren und dem deutschen Reiche seine späteren
Kaiser geben sollte. In der Verwirrung der letztverflossenen Jahr-
zehende hatte der Böhmenkönig Ottokar I. aus slavischem Blut,
und wie alle seine Vorgänger schon seit der Zeit der sächsischen Kaiser
Vasall des deutschen Reichs, sich der deutschen Marken: Oestreich, Steier-
mark, Krain und Kärnthen bemächtigt und beabsichtigte nichts Gerin-
geres, als in diesen östlichen Gegenden ein mächtiges Slavenreich zu
gründen. Die Einsetzung eines neuen deutschen Kaisers war ihm sehr
unbequem. Er hätte viel lieber gesehen, daß - die kaiserlose Zeit für
immer fortgedauert hätte, oder er hätte selbst Kaiser werden müssen.
Deshalb verweigerte er dem neugewählten Rudolf die Huldigung,
erschien auf wiederholte Vorladung nicht, weigerte sich auf die Klagen,
die von allen Seiten über seine Ungerechtigkeit einliefen, sich zu ver-
antworten, und wurde deshalb, nachdem alle freundlicheren Mittel er-
schöpft waren, in die Reichsacht erklärt. Von Rudolf besiegt und
zur Huldigung gezwungen, dann abermals rebellisch und zum Kampfe
ausgerückt, ward er (1278) auf dem Marchfelde geschlagen und ge-
tödtet. So kamen die östreichischen, steierischen und krainischen Lande
mit Zustimmung der deutschen Fürsten an das habsburgische Haus;
denn Rudolf belehnte seine eignen Söhne damit. Kärnthen aber
übergab er vor der Hand dem Grafen Meinhard von Tyrol, und
Böhmen und Mähren an den unmündigen Sohn und Erben Ottokar's.
Dieser Mäßigung und Gerechtigkeit beim Antritt des wohl erworbenen
Besitzes verdankt ohne Zweifel das habsburgische Haus sein überaus
rasches und gesegnetes Emporblühen. Nicht bloß die damals mit be-
scheidener Hand an andere Besitzer übertragenen Länder kamen nach-
mals gleichfalls in habsburgische Hände, sondern noch größere und
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf Ottokar_I. Oestreich Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Meinhard_von_Tyrol
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Deutschlands Donauge- Krain
440 Xxii. §. 5. Erstes Hervortreten Frankreichs zur Demüthigung k.
Denn was den drei Waldstädten schließlich doch gelungen war, das
suchten stch bald auch die benachbarten Landschaften zu Nutze zu machen.
Nach einander traten Luzern, Glarus, Zürich, Zug, Bern der fester be-
gründeten Eidgenossenschaft bei, entzogen sich ebenfalls der Vogtei der
Habsburger und ihrer anderweitigen Oberherren und bildeten so den
festen Kern, an den sich in der Folgezeit nach und nach auch die übri-
gen schweizerischen Cantone ansetzten, bis zu der Ausdehnung, welche
die Schweiz im Ganzen bewahrt hat. Die habsburgischen Fürsten ha-
den es zwar nicht an Versuchen fehlen lassen, ihren Besitz und ihren
Einfluß in diesen Gegenden wieder herzustellen, aber mit schlechtem Er-
folg. Nach Albrecht's Tode, dem 1308 durch Mörderhand sein
Frevel wider seinen Vorgänger Adolf auf den Kopf vergolten war,
hatte der Habsburger Herzog Leopold von Oestrcich mit anderen
schweizer Grafen und Herren, die ähnliche Verluste erlitten hatten
oder befürchteten, sich gegen die freiheitstrotzigen Eidgenossen verbun-
den. Aber mit schlechtem Erfolg. Die habsburgische Macht blieb in
der Schweiz für immer geschwächt und ging mit der Zeit völlig zu
Grunde. So oft es auch die Nachkommen Albrecht's versuchten,
den verlorenen Einfluß wiederzugewinnen, die Abtrünnigen zu strafen
und ihre Besitzungen zu erweitern, sie hatten jedes Mal nur neuen
Verlust und Schaden davon. Die Schlacht bei Morgarten (1315) und
später bei Sempach (1386) brachten Oestreichs Fahnen keine Ehre
und stählten die Kraft und Zuversicht der schweizer Eidgenossen, daß
sie auch den schwersten Kämpfen nicht mehr aus dem Wege gingen, sie
selbst draußen aufsuchten als Söldner fremder Fürsten, und leider auf
ihre eigne Stärke vertrauend sich allmälig ganz vom deutschen Reichs-
verband loslösten.
§. 5. Erstes Hervortreten Frankreichs zur Demüthigung
'des Papstthums.
Auch bei den Päpsten kam der Hochmuth vor dem Fall. Alles,
was frühere mächtigere Päpste von Anmaßung und herrischem Ueber-
muth gezeigt haben mochten, war doch für Nichts zu achten gegen den
unerträglichen Dünkel und die Alles überschreitende Anmaßlichkeit
Bonifacius' Viii. (1294—1303). Er behandelte die angesehen-
sten Herrscher als Schulknaben, erklärte Jeden für einen Ketzer, der es
wagen würde, daran zu zweifeln, daß dem Papste alle weltliche Ge-
walt eben so wohl zustände wie die geistliche, und meinte in seinem
thörichten Unverstand, daß auch jetzt noch wie ehemals alle Fürsten
vor seinen Bullen und Bannflüchen sich entsetzen und gehorsamlich
seinem Willen sich unterwerfen würden. Aber die Zeit war eine an-
dere geworden. Zwar nicht überall würden die päpstlichen Anmaßun-
gen auf offenen Widerstand gestoßen sein, auch in Deutschland nicht.
Die Gewohnheit alter Treue und Gehorsams war dort noch zu mach-
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Extrahierte Personennamen: Adolf Adolf Leopold_von_Oestrcich Leopold Hochmuth
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Glarus Sempach Frankreichs Deutschland